DFB-Pokal
Hoffenheim:
Trainer des Drittligisten hat Großes vor, auch gegen Bayer - 01.12.2003 10:59
Hansi Flick: Der Weg zurück
Von Sandhausen zum FC
Bayern und zurück in die Heimat. Nun strebt Hansi Flick (38) mit Regionalligist
TSG Hoffenheim nach oben - und trifft im Pokal auf
Bayer Leverkusen.
5. April
1989: Im Halbfinal-Hinspiel des UEFA-Cups attackiert Bayern-Spieler Hansi Flick
Diego Armando Maradona vom SSC Neapel.
In Bammental rechts auf die Hauptstraße Richtung Meckesheim,
dann die Wiesenheimer Landstraße, vorbei an Mauer,
Richtung Sinsheim, nach Hoffenheim. Mitten im
beschaulichen Rhein- Neckar-Gebiet. Provinz würden viele dazu sagen. Stimmt -
für Hans-Dieter Flick, genannt Hansi, der die große weite Fußball-Welt gesehen
hat und nun vorhat, mit der TSG Hoffenheim genau
diese zu erobern, aber ist es mehr als das. Es ist Heimat.
In der
Regionalliga Süd steht das Team in der Spitzengruppe, strebt den Sprung in die
Zweite Liga an, im DFB-Pokal trifft man am Dienstag auf Bayer Leverkusen.
Zwölf
Kilometer braucht Flick für die Strecke zum Training, zumeist mit dem Auto,
"manchmal mit dem Fahrrad". Wer weiß, dass das Dietmar-Hopp-Stadion,
die TSG-Heimstätte, oben auf einem Hügel liegt, versteht, wenn der 38- Jährige
dabei von "einer Herausforderung" spricht.
Und
zahlreiche Herausforderungen hat der Trainer des Regionalligisten, der sich
selbst als bodenständig beschreibt, schon auf sich genommen. Mit 20 Jahren
wagte er 1985 den Sprung vom SV Sandhausen (auch 12 Kilometer von Bammental) zum FC Bayern München, wurde vier Mal Meister,
holte ein Mal den DFB-Pokal. Und lernte das Leben. Unvergessen, als der Youngster sich auf dem Münchner Oktoberfest eine Cola
bestellte. "Du spinnst wohl", sagte Nationalspieler Wolfgang Dremmler seinerzeit und stellte ihm eine Maß Bier vor die
Nase. Eine amüsante Episode, die den Menschen Hansi Flick, Inhaber eines
gleichnamigen Sportgeschäftes in Bammental, genau
charakterisiert. So sagt Klaus Augenthaler, Trainer von Pokal-Gegner Bayer
Leverkusen und ehemaliger Mitstreiter bei den Bayern: "Hansi war schon als
Spieler ein Typ, der vieles hinterfragt, wenig als gegeben hingenommen hat. Ein
intelligenter Junge, der sich immer Gedanken um seinen Job gemacht hat."
Volle Konzentration auf das Wesentliche, trotz aller Rückschläge. Und von denen
hatte der mittlerweile 38-Jährige einige zu bewältigen. Oberschenkelbruch mit
sechs, als er mit dem Fahrrad gegen ein Auto fuhr. Ende der Profikarriere mit
irreparablem Knieschaden beim 1. FC Köln im Alter von 28.
Nun also
wieder zu Hause. Und doch ganz anders. Hansi Flick ist verantwortlich für den
Höhenflug der TSG Hoffenheim. Ausgestattet mit einem
2001 unterschriebenen Vertrag bis 2006 bei einem Verein, der in zwölf Jahren
von der A-Klasse in die Regionalliga stürmte. "Das Umfeld ist vorbildlich,
die Voraussetzungen hervorragend", sagt Flick, das gibt man nicht so
schnell auf. Und wenn es Angebote aus dem Profibereich gibt? "Da will ich
hin, klar, aber wir haben das Zeug, es hier zu schaffen." Augenthaler
dazu: "Ich weiß nicht, wohin ihn sein Ehrgeiz treibt, aber ich kann mir
vorstellen, dass er das Zeug hat, im Profibereich zu arbeiten."
Das
"Modell Hoffenheim", in die Nachwuchsarbeit
sind unter anderem die Ex-Profis Roland Dickgießer (Waldhof) und Uwe Wolf (u.
a. Nürnberg) integriert, zeigt erste Früchte. "Sichtung, Schulung in der
Umgebung, das Internat." Flick schwärmt, wenn er davon erzählt. Die finanzielle
Sicherheit gewährt vornehmlich Dietmar Hopp, Namensgeber des Stadions und
Gründer des Software-Giganten SAP. Zum Modell gehörte auch, möglichst nur junge
Deutsche aus der Region zu verpflichten. So steht mit Keeper Marjan Petkovic lediglich ein
Ausländer im Kader. Nur, mit diesem Konzept kann man sich kaum im Profibereich
etablieren. "Es ist natürlich die Frage, wie weit man den Radius einer
Region zieht", gibt Flick zu bedenken. Anscheinend ziemlich weit, derzeit
- befand sich doch in der vergangenen Woche der finnische Internationale Petteri Kaijasilta im
Probetraining.
Doch egal,
ob Turku oder Bammental. Flicks Philosophie sieht
vor, "den Spielern Eigenverantwortung beizubringen. Der Teamgedanke steht
im Vordergrund, jeder darf seine Meinung äußern". Und dennoch kann der
Trainer knallhart dazwischenhauen, sollte sich jemand
kontraproduktiv verhalten. So soll es weiter aufwärts gehen mit Hans-Dieter
Flick aus Bammental. Möglichst schon gegen
Leverkusen, am Dienstag.
Axel Heiber
Quelle: www.kicker.de vom 01.12.2003